Pamir und Wakhan Valley

Über den Ak-Baytal-Pass mit 4655 m Höhe reist man auf der M 41, dem Pamir Highway, Richtung Südosten. Hinter Alichur beginnt der Wakhan Korridor mit der beeindruckenden Pamir Piste. Die M 41 wird jetzt gen Süden Richtung Gorno- Badakhshan verlassen, für diese Passage wird unbedingt eine Sondergenehmigung, das GBAO Permit, benötigt. Die Strecke führt entlang der chinesischen und der afghanischen Grenze. Die Infrastruktur verflüchtigt sich. Die kleinen Orte im Pamir müssen ihre Stromversorgung über Diesel Generatoren oder Solarkollektoren erzeugen. Handy oder Powerbank können tagsüber gar nicht und abends nur bis max. 23 Uhr aufgeladen werden. Dann wird alles abgeschaltet. Internet gibt es keines mehr hier. Erst an den Ufern des Panj Flusses versorgen wassergetriebene Stromkraftwerke die Pamiris mit Energie. Die Piste ist herausfordernd. Sand, Schotter, Rinnen, Löcher, Steigungen und Gefälle... 

Beim Versuch vor dem Queren einer trockenen Wasserrinne in einen niedrigeren Gang zu schalten und der unseligen Angewohnheit nur mit der Vorderbremse zu arbeiten blockierte der vordere Reifen der Honda, der Hinterreifen verzog sich im losen groben Schotter. Ich stürzte schwer. Glücklicherweise in einer geringen Geschwindigkeit. Beim Aufprall schlug mein Kopf mit dem offenen Visier des Helms auf. Gesicht und Mund voll Sand spürte ich sofort einen heftigen Schmerz im rechten Bein. Im Bereich des Knöchels schlug die Maschine auf und mein Knöchel krachte unter der Last auf den steinigen Boden.

Wenige Minuten nach dem Sturz näherten sich zwei Motorradfahrer. Ein junger polnischer Polizist aus Breslau mit seinem Vater on Tour im Pamir. Sofort erkannte der junge Pole die Lage, hielt an und leistete mir erste Hilfe. Sehr kompetent untersuchte er die Verletzung, verband meinen Fuß, übergab schmerzstillende Medikamente an das Filmteam und eine Spritze, sollte sich im verletzten Knöchel eine Entzündung einstellen.

Selbst als Ersthelferin ausgebildet, weiß ich solch professionelles Handeln sehr zu schätzen. Ist doch genau diese menschliche Zuwendung im Notfall das, was einem Verletzten die große Sorge nimmt, verloren zu sein. Nur wer bereits einmal verwundet auf dem Boden lag, weiß, wie wertvoll diese erste Hilfe sein kann...

Nach kurzem Überlegen war klar, mit dieser Verletzung würde ich nicht weiter fahren können. Der Knöchel schwoll sofort stark an; ich wäre nicht mehr in meine Motorradstiefel gekommen, die im Übrigen wohl Schlimmeres verhindert haben. Paul war bereit, das Motorrad weiter zu fahren. Nach einer kurzen Einweisung und nachdem er meine Motorrad Schutzkleidung angezogen hatte, setzten wir unsere Reise in Richtung Khorugh fort. Wir witzelten, dass er später auf die Frage wo er denn Motorrad fahren gelernt habe, antworten würde: "Am Hindukusch". 

Und ja, der tauchte nun auf jenseits der afghanischen Grenze, gleich an der gegenüber liegenden Uferseite des Panj Flusses. Mächtig, gewaltig mit seinen schneebedeckten, schroffen, unberührten Höhen, mit Gipfeln bis zu 7690 m Höhe, wild, unnahbar, Furcht einflößend und faszinierend...

Paul, dass kann ich seiner Mutter sagen, hat es gut gemacht. Sich daran gehalten auf der schwierigen Piste nicht übermütig zu werden. Hat die Honda für mich bis Khorugh gefahren. Hier hat sich das Filmteam heute früh von mir verabschiedet. Die beiden reisen mit dem Fahrer nach Duschanbe und von dort aus zurück nach Deutschland. Zurück in ihren Alltag; während ich mich nun der Angst nach einem Sturz zuwenden muss. 

Noch ist mein Knöchel zu sehr geschwollen, schmerzt bei jedem Auftreten, als dass an eine Weiterfahrt zu denken wäre. Vielleicht in drei oder vier Tagen werde ich mich wieder auf die Enduro setzen und weiter reisen.