Menschen im Iran

Wenn ich anhalte, meinen Helm abstreife, und deutlicher wird, dass ich eine Frau bin, kommen sie. Als ich heute morgen das Iran Hotel in Mashhad verlassen wollte, kam die ganze Lobby dazu um das Spektakel mitzuerleben.

An den Tankstellen erstarren erstmal alle, dann helfen die anwesenden Männer, den Tankrucksack abzunehmen, den Tankdeckel, bringen den Helm, halten das Motorrad beim Aufsteigen...

Wenn es nicht so heiß wäre und mir nicht der Schweiß bei diesen freundlichen Annäherungen in Strömen ausbrechen würde, wäre es vielleicht sogar nett.

Heut versuchte ich nach einer langen heißen Fahrt durch Wüste und Backofenwind ein stilles Eckplätzchen in einer Raststätte zum Essen und Ausruhen zu finden. Kaum hingesetzt, standen Vater und Sohn am Tisch. Es sollte überaus freundlich geklärt werden, ob Frauen überhaupt Motorrad fahren können. Ich bejahte diese Frage für den unsicheren ca. 8 Jahre alten Sohnemann, der dann anschließend meinen Tisch umschlich und mich lächelnd begutachtete. Kaum fertig gegessen, kam die Frau vom Nebentisch, wo sie mit Mann und Kind gesessen hatte. Ob sie mir irgendwie helfen könnte. Wir kamen ins Gespräch, und sie erläuterte mir, dass es wohl "die Regierung" sei, die glauben würde, dass Frauen nicht Motorrad fahren könnten.

Sie hofft sehr, dass sich das eines Tages ändert, dass Frauen Motorrad fahren dürfen, in Fußballstadien gehen können, den Hijab - das Kopftuch - abnehmen...

Eine wirklich sehr aufgeschlossene und herzliche Frau. Im Gegensatz zu den schwarz umhüllten Frauen in Mashhad, die mich eher mürrisch bis feindselig betrachteten... Den düsteren Druck, der auf ihnen lastet, geben die Frauen auf unterschiedliche Weise wieder nach außen zurück. Manche wirken in diesem Kontrollstaat sogar selbst bedrohlich in ihrem erstarrten Outfit.

Kaum verließ ich die Gaststätte, lud mich eine irakische Familie, die draußen picknickte, zum Tee ein, was ich aber dankend ausschlug. Ich kann die Motorradklamotten bei über 40° eher nur im Fahren ertragen. Aber der ca. 20 Jahre alte Sohn kam mir nach für viele Fragen und Selfies.

Jetzt, auf den gut ausgebauten Straßen Richtung Teheran im Nordosten Irans, kann ich den Blick wieder vom Boden heben. Die Umgebung wahrnehmen. Die Wüsten. Die schroffen Berge am Horizont. Die niederen im Wüstensand zusammengeduckten kleinen Siedlungen, graubraun wie die Wüste selbst. Die endlose Straße. Den großen wilden Hund, der ruhig die Straße überquert. Die Hirten mit den Ziegen- und Schafherden, die so viel Staub aufwirbeln, wenn sie dahinziehen, dass sie ganz darin verschwinden. Die Windhosen, die den Staub aufgreifen, hochreißen, dass er sogar kurz die Sonne verdunkelt. Fahren... Vor mich hinträumen...

Dieses unglaubliche, wundervolle Abenteuer genießen, durch das ich Tag für Tag hindurch ziehe...

Es scheint wie ein Traum... jeden Tag an einem anderen Ort… immer neue Eindrücke überfluten meine Sinne... fremde Gerüche... andere Menschen... die Landschaft wandelt sich selbst als Wüste jeden Augenblick...

Ich liebe dieses Unterwegs Sein... morgens aufs Motorrad steigen und ins Unbekannte hinein fahren... ich bin glücklich.