Bandar Anzali

Hier an der Lagune bei Bandar-e Anzali am Kaspischen Meer im Norden Irans könnte ich eine Weile bleiben.

Ich würde dann allerdings die Speed Boot Ausflügler daran hindern, am Haus vorbeizubrettern. Und die idyllische Lagunenlandschaft wieder in ihren natürlichen Zustand zurück versetzen wollen. Neben den vielen Vogelarten, die hier zeitweise siedeln, wachsen riesige Lotosblumenfelder im seichten Lagunenwasser und erinnern mich an den Süden Thailands. Dort werden die Rhizome und Blüten gegessen oder für kosmetische Zwecke verwendet. Es ist feuchtwarm, aber mit einer leichten Brise im Schatten gut aushaltbar; zumal ich hier am Haus am Wasser offensichtlich den Hijab - das Kopftuch - ablegen kann, ohne dass das iranische System zusammenbricht...

Von den Menschen, mit denen ich über die Situation im Iran sprechen konnte, habe ich durchweg erfahren, dass die Regeln als Zwang erlebt werden und sie sich wünschen, dass sich das System ändern möge.

Ein Tankstellenarbeiter schüttete mir plötzlich mitten im Tankvorgang sein gequältes Herz aus. Er sei Christ. Seit langem habe er mit niemandem mehr darüber gesprochen. Nicht mal seiner Familie oder den Freunden könne er sich offenbaren, nur heimlich seinem Glauben nachgehen, nicht mit einer christlichen Gemeinde zusammen beten. Er war Moslem. Ist konvertiert. Der unerwartete Gefühlsausbruch hat mich tief bewegt.

Könnte eine Welt es verkraften, dass jeder nach seiner Facon selig wird? Dürfen wir von einer Welt träumen, in der jeder Mensch seine Meinung frei äußern und sein Leben nach seinen Möglichkeiten und Wünschen gestalten kann? Wenn eine friedliche Welt gelingen soll können wir dies nur miteinander schaffen. Und ich glaube fest daran, dass der Tankstellenarbeiter und ich uns eines Tages in einer freien Welt wieder treffen. 

Die quirlige Metropole Teheran habe ich verlassen. Bin mittlerweile in Bandar-e Anzali am Kaspischen Meer angekommen. Im Hinterland erheben sich die Ausläufer des Elburzgebirges. Bewaldete bis zu 4800m hohe sanfte Berge von den vom Meer aufsteigenden Nebelvorhängen mystisch umschmeichelt. 

Hier hat mich mein liebes Filmteam zusammen mit unserem kompetenten Fahrer und Guide Alireza ein paar wenige Tage durch den Norden Irans begleitet. Jetzt sind sie wieder auf dem Weg zurück nach  Deutschland. Ich werde weiter reisen entlang der Küste. Dann westlich Richtung Täbris. Und schließlich zur türkischen Grenze.  Was mich dort in der Türkei erwartet nachdem die von Trump angedrohten Wirtschaftssanktionen jetzt in die Tat umgesetzt werden weiß keiner. Es bleibt spannend. 

Ich bin wieder unterwegs.