Türkei

Weg mit dem Kopftuch!

Ich bin mit Ach und Krach raus aus Persien, an ausgetrockneten Flußbetten vorbei durch Ostanatolien in Dogubayazit angekommen. Schlechte Iraner haben mich beim Wechsel von  IRR in TRY übelst betrogen. Ich hab nicht aufgepasst, war gestresst. Der Grenzübertritt in die Türkei dauerte über 3 Stunden, weil jedes Papierfitzelchen zehnmal geprüft und Moped und Gepäck mit viel Getöse im Lastwagen Scanner gecheckt wurden. Am Ende hab ich nur noch laut rum geflucht zur Gaudi der LKW Fahrer. 

Kurz vor der Grenze hatte ich mich auch noch böse verfahren, landete im Nirgendwo zwischen Iran und Armenien. Immer mit bißchen Übelkeit im Bauch, schlecht geschlafen, weil das letzte Hotel bis weit in die Nacht hinein lärmte und dem ständigen Druck, nicht das Kopftuch runter rutschen zu lassen, nicht durch burschikose Gesten oder kritische Reden den Iran zu verärgern. 

Ich wurde im Iran von keinem Auto verfolgt. Niemand wollte meine Dateien sehen. Vielleicht wurden die Hotelbuchungen gecheckt. Aber trotz manch direkter Kritik hat mich an der Grenze niemand belangt. 

Die Angst vor Sanktionen sitzt im Kopf. Die Menschen ducken sich unter den unhaltbaren Regeln. Ziehen sich ins Private zurück. Vermüllen ihr Land, das sie lieben und hassen. Es ist schlichtweg unökonomisch, die Hälfte der Bevölkerung für unmündig zu erklären. Die Frauen werden diskriminiert. Sie sind kein selbstverständlicher Teil der Öffentlichkeit. Die Strafen bei Verstößen sind hart bis hin zur Todesstrafe. Zeugenaussagen einer Frau gelten nur halb so viel wie die eines Mannes. Auch Männer leiden. Das krass überhöhte Brautgeld können sie, wenn es denn gefordert wird, nicht aufbringen. Viele sitzen deswegen im Gefängnis.

Ein krankes System kann keine zufriedenen Menschen hervor bringen. Und nichts desto trotz  ist ihre Gastfreundschaft unübertroffen. Bis auf die beiden Räuber an der iranischen Grenze habe ich nur wunderbare Menschen getroffen.

Ich werde wiederkommen.

Im Grenzland zwischen Iran, aserbaidschanischer Enklave Nachitschewan und Ostanatolien liegt der 5137 m hohe Ararat. Die Zufahrtsstraßen von Militär bewacht nicht zuletzt seit der Entführung und Geiselnahme von 3 deutschen Bergsteigern 2008.  Ich hab mich auf einer kleinen Nebenstraße durchgeschmugelt. War nahe am Vulkankegel, der sein Haupt in Wolken hüllte. Hier in Dogubayazit kann ich trotz vieler Polizei- und Militärpräsenz aufatmen und merke wie sehr der Druck des Regimes der alten Männer im Iran auch mich nach 3 Wochen bereits gebeugt hat. Ich bin dankbar für das demokratische System, in dem ich in Deutschland leben kann, selbst wenn so Manches auch hier verbesserungswürdig wäre...