Mit Cem über die Grenze nach Bulgarien

Jetzt bin ich in Swilengrad im Südosten von Bulgarien angekommen. Raus aus Istanbul Richtung Edirne zu finden war wesentlich einfacher als hinein in die Altstadt. Allerdings habe ich in dem vermaledeiten düsteren Parkhaus in Fatih am frühen Morgen mein Brillenmäppchen mit allem drinne verloren. Die Brille war alt und verkratzt und die Ersatzbrille bald gefunden; aber in dem Mäppchen war auch mein Schweizer Taschenmesser. Da höre ich wieder die beiden "Plopps" mit denen in der Abfertigungshalle im Flughafen von Ulan Bataar, Mongolei,  meine Taschenmesser im Karton unterm Laufband verschwanden. Die wild dreinblickende Riesenmongolin gab mir wenige Augenblicke Zeit sie in meinem Handgepäck ausfindig zu machen... Ich hatte vergessen, dass sie dort waren und sie nicht herausgenommen. Also wieder das Schweizer Taschenmesser...

Die Geschichte vom vermaledeiten Parkhaus erzähle ich euch bei meinem Vortrag, den ich über diese Reise halten werde.

Jetzt aber zu Cem, der inzwischen sicher über alle Berge ist.

Kurz vor der Grenze Türkei - Bulgarien eine letzte Tankstelle.  Die zurückkehrenden Türken tanken nochmal billiges Benzin vor der langen Fahrt nach Deutschland. 20 - 25 Stunden werden sie unterwegs sein. Da stand Cem noch hinter mir mit seiner Honda Afrika Twin. Einem hochentwickelten Adventure Bike für lange Reisen.

Er holte mich bei der ersten Stauschlange an der Grenze wieder ein, hupte kurz und fuhr direkt zur Borderkontrolle durch. Ich hinterher. Dass es gut war keinen Augenblick zu zögern mich ihm anzuschließen, konnte ich recht schnell erkennen: hunderte von Urlaubsheimkehrern bevölkerten jede einzelne Kontrollstelle. Die mussten vermutlich Stunden warten bis sie sich endlich durch die Grenzen durchgekämpft hatten und ihre Reise fortsetzen konnten.

Motorrad Fahrer werden sogar von den Autofahrern durchgewunken. Ohne Klimaanlage bei über 35° dort in der Sonne und den Abgasen zu stehen wollen auch sie uns nicht zumuten.

Cem ironbutt kennt diese Grenze und nahm mich einfach mit. Versicherung fürs Motorrad hatte ich, er musste eine abschliessen. Passport. KFZ Schein. Erst die Türkei. Dann Bulgarien. Ihr habt nichts im Gepäck? Nein. Weiter, follow me. Was für ein Spaß: immer bissl mehr am Gas gedreht als nötig, sausen wir zusammen durch das übliche Prozedere, tauschten Kontaktdaten aus, posteten fürs Foto, zwischendrinne ein paar persönliche kleine Geschichten. Ein herzlicher Händedruck. Jeder hat seine Pläne. Geht seinen eigenen Weg. Have a safe trip. Wie beglückend eine solch kurze aber intensive Begegnung ist... Wenn man sich vertraut. Sich unterstützt. Aufeinander aufpasst. Sich nahe kommt. Ohne sich lange kennen lernen zu müssen. Einfach weil es zweckmäßig ist, und Motorrad Fahrer eh eine verbundene Gemeinschaft bilden...

Es gibt wieder alles: Früchte, Wein, Frauen in leichten bunten  Sommerkleidern, Kaum jemand guckt, ich finde mich zurecht. Hier in Bulgarien wird wieder kyrillisch geschrieben und Russisch gesprochen. Ein bißchen Heimweh kam auf beim Blick auf eine Zeitschrift mit Sommer Beeren auf frischem Joghurt. Beides geht nicht. Zuhause Beeren ernten und unterwegs sein. Ich bin unterwegs.  Und wieder mal irre Glücklich!